Noch während wir bei unserem Couchsurfing-Gastgeber Mustafa in Safranbolu zu Gast sind, erkundigt sich dieser nach unserem nächsten Reiseziel. Nach Bartın, einem kleinen Örtchen am Schwarzen Meer, soll es gehen. Mustafa ist sofort begeistert, denn dort war er auch schon. „I will find a place to stay for you!“, meint er. Er hat dort nämlich einen Bekannten, bei dem wir bestimmt unterkommen dürfen.
Als wir ein paar Stunden später durch Safranbolu schlendern, erhalten wir eine SMS: „I found your tomorrow home for Bartın. Guys, you are lucky, home is near the sea!“. Wow, das hört sich ja super an! In Gedanken sehen wir uns schon in einem gemütlichen Häuschen direkt am Meer, von dem aus wir bei einem Frühstück in der Sonne die Möwen beobachten können…
Beim gemeinsamen Stadtbummel wollen wir von Mustafa mehr über seinen Freund erfahren, der uns so bereitwillig bei sich aufnehmen will. Doch schon bei der Frage nach dem Namen des Freundes gerät Mustafa ins Stocken. Leider hat er den Namen seines Freundes momentan vergessen, aber zu Hause hat er ihn notiert. Leo und ich schauen uns fragend an. Wenn er noch nicht einmal den Namen seines Freundes kennt, dann kann es ja wohl kein sehr enger „Freund“ von ihm sein! Auf weitere Nachfrage hin erklärt uns Mustafa, dass unser Gastgeber in Wirklichkeit ein Bekannter seines Freundes ist. Wir sind ein bisschen verwundert über die Vermittlung über drei Ecken, aber wir hoffen, dass schon alles passen wird.
Wenig später meldet sich unser Gastgeber auch schon bei uns. Er heißt Muammer und er spricht Englisch, was für die Kommunikation auf jeden Fall vorteilhaft ist. Er freut sich auf uns, schreibt er im Messenger und schickt uns noch seine Adresse auf unser Handy. Als wir die Adresse checken, stellen wir erfreut fest, dass es sich dabei um ein Hotel handelt, das in einer kleiner Bucht namens Inkum direkt am Strand liegt. „Perfekt!“, denke ich mir. Bestimmt hat das Hotel noch keine Saison und wir können dort kostenlos unterkommen, wie Mustafa mutmaßt.
Nach gut zwei Stunden Fahrt in unserem schicken Mietwagen kommen wir am nächsten Tag in Inkum an. Es ist früher Nachmittag und die Sonne lacht uns vom Himmel aus an. Vor uns liegt eine kleine, aber sehr schöne und vor allem fast menschenleere Bucht mit breitem Sandstrand. Besser hätten wir es nicht treffen können, so ein Glück!
Wenig später stehen wir vor dem kleinen Hotel, dass uns Muammer als Treffpunkt angegeben hat. Da das Hotel wie erwartet nicht geöffnet hat und weit und breit kein Mensch zu sehen ist, beschließen wir, Muammer anzurufen. Bestimmt kommt er gleich vorbei, um uns unser Zimmer zu zeigen…
Falsch gedacht! Am Telefon gibt mir Muammer Auskunft, dass er an einem anderen Hotel auf uns wartet. Dieses finden wir auch ohne Probleme und Muammer kommt gleich auf uns zu, um uns zu begrüßen. Er ist Ende 30, wirkt sehr nett und lädt uns sogleich auf einen Begrüßungstee ein. Wir kommen leicht ins Gespräch und erfahren, dass er in der Touristensaison in seiner Strandbude Waffeln und Milchshakes verkauft. Da die Saison noch nicht begonnen hat, hat er nun frei. Am Nachmittag will er mit einem Freund zusammen Fisch besorgen, den es zum Abendessen geben soll. Dafür müssen sie ca. eine Stunde mit dem Auto an einen Hafen fahren, den Fisch übernehmen und anschließend wieder zurück nach Inkum kommen. Muammer fragt uns, ob wir ihn begleiten wollen. Bestimmt wäre es spannend, aber da wir den sonnigen Nachmittag lieber am Strand als im Auto verbringen würden, lehnen wir dankend ab.
„No problem, as you prefer!“, versichert er uns. Er nimmt uns mit zu seiner Wohnung (leider doch kein Gratis-Hotel 🙁 ), in der wir unser Gepäck abstellen dürfen. Nachdem er uns unser Schlafzimmer gezeigt hat (wir dürfen in seinem Bett schlafen, er selbst wird im Wohnzimmer auf der Couch nächtigen), drückt er uns seinen Wohnungsschlüssel in die Hand und sagt, dass wir es uns gemütlich machen sollen. Augenblicke später ist er auch schon weg, er muss ja den Fisch fürs Abendessen besorgen. „Krass!“, denken wir uns. Wir kennen diesen Mann erst seit ein paar Minuten und schon überlässt er uns ohne viel Fragen seine Wohnung! Ob wir das in Deutschland wohl auch gemacht hätten? Wahrscheinlich nicht…
Wir sollen es uns gemütlich machen, hat Muammer gesagt… Jetzt wo er weg ist und wir unsere Jacken abgelegt haben, bemerkten wir, dass es in seiner Wohnung nicht gerade warm ist. Weitere fünf Minuten später fangen wir an zu frieren und beschließen, uns unsere Jacken wieder anzuziehen. Auf der Suche nach einer Heizung bemerken wir, dass die Wohnung wohl eher für die Sommermonate ausgelegt wurde und es daher keine Heizung gibt. Immerhin steht im Wohnzimmer ein kleiner Ofen, neben dem ein paar wenige Scheite Holz liegen. „Wie kann es hier drin so kalt sein, wenn draußen die Sonne vom Himmel strahlt?“, fragen wir uns. Wir beschließen, den Nachmittag am Strand zu verbringen und machen uns auf zu einem Spaziergang am Meer.
Inzwischen steht die Sonne bereits tief und wir schauen auf unserem Handy nach, ob sich Muammer vielleicht bereits gemeldet hat und zurück in Inkum ist. Da wir keine Nachrichten haben, schreiben wir ihm, um uns zu erkundigen. Er sei bereits auf dem Rückweg und in ca. 45 Minuten wieder hier, antwortet er. „Klingt gut!“, denken wir uns und haben so noch ausreichend Zeit, uns den Sonnenuntergang über dem Meer anzuschauen.
Nachdem die Sonne verschwunden ist, gehen wir zurück in Muammers Wohnung. Er ist noch immer nicht von seinem Ausflug zurück. Dafür ist es in der Wohnung nun noch kälter als vor unserem Spaziergang. Wir lassen die Jacken an und kochen uns einen Tee, um die Wartezeit zu überbrücken. Als ich Muammer gerade anrufen will, um zu fragen, ob ich den Ofen einheizen darf, kommt er zur Tür herein. Er wirkt müde von seiner Ausfahrt und steckt sich als erstes eine Zigarette an. Mmmh…rauchen in der Wohnung…ist nicht so unser Ding. Ich lasse mir nichts anmerken und bin froh, als er beginnt, den Ofen mit Holz (und Plastiktüten!) zu beladen. Schon bald hört man die Flammen lodern und das Holz im Feuer knacken. Hoffentlich wird’s jetzt wärmer hier drin!
Da es mittlerweile Abend ist und wir vom langen Tag hungrig und müde sind, freue ich mich auf den Fisch! Wenn Muammer schon so weit gefahren ist, hat er bestimmt etwas Leckeres zum Kochen mitgebracht… Hat er leider nicht, denn, wie er mir erklärt, haben seine Freunde nicht so viel Fisch gefangen wie erwartet und brauchen daher alles für ihr Restaurant. Und abkaufen konnte er ihnen leider auch keinen, da er gerade kein Geld hat. Seine letzten Einkünfte vom Waffelstand liegen bereits Monate zurück und die neue Saison steht ja erst vor der Tür…
Muammer will improvisieren und bietet an, eine Tütensuppe zu kredenzen. Wir stehen in der Küche und schon wieder hat er sich eine Zigarette angesteckt. Ich schlage vor, im Ort Gemüse zu kaufen, um die Suppe ein wenig aufzupimpen. „All shops are closed!“, gibt er mir Auskunft. Kurz überlege ich. Die Aussicht, in einer eiskalten Wohnung in einem verräucherten Wohnzimmer eine dünne Nudelsuppe zu löffeln, erscheint mir nicht gerade verlockend. Wo ist eigentlich sein Mitbewohner, der bereits vor Stunden hätte eintrudeln sollen? „He always eats in the restaurant.“, antwortet Muammer. „Let’s go there as well, we will invite you!“, beschließe ich.
Der Restaurantbesuch stellt sich als sehr gute Idee heraus. Neben frischem Fisch und einer vegetarischen Alternative für Leo, bestellen wir für uns vier eine Flasche Weißwein. „Weißwein?“. Muammer und sein Mitbewohner, der ebenfalls sehr nett ist, schauen uns fragend an. Bislang haben sie angeblich nur Rotwein getrunken. Aber Weißwein…? Nach den ersten Schlucken blicken wir in erfreute Gesichter. Die beiden nehmen sich vor, in Zukunft auch selbst einmal Weißwein zu bestellen.
Nach einem leckeren und unterhaltsamen Abendessen und einem Plausch mit dem türkischen Restaurantbesitzer, der uns in breitestem Kölsch von seinen Rückkehrplänen nach Deutschland erzählt, gehen wir zurück in die Wohnung. Inzwischen ist es darin so kalt geworden, dass man fast seinen eigenen Atem sehen kann. Auf einem Thermometer lesen wir: 8 °C! Zum ersten Mal auf unserer Reise sind wir froh, unsere warmen Daunenschlafsäcke dabei zu haben. Da es selbst darin noch etwas frisch bleibt, zieht Leo sich sogar noch Thermounterwäsche an, um die Nacht einigermaßen warm überstehen zu können.
Am nächsten Morgen packen wir schnell unsere Sachen, um anschließend in der Morgensonne am Strand zu frühstücken. Natürlich gehen wir nicht, ohne uns bei Muammer für die Übernachtungsmöglichkeit und den netten Abend zu bedanken. Wir kommen gerne wieder! Dann aber vielleicht besser im Sommer, wenn die Temperaturen tagsüber jenseits der 30 °C liegen und Muammers Wohnung von ganz alleine aufgeheizt wird. 🙂
Von Inkum aus fahren wir mit dem Mietwagen weiter nach Amasra, wo wir uns für drei Nächte in einem netten, kleinen Hotel einmieten. Hier haben wir Zeit zu entspannen und unsere Erlebnisse der vergangenen Tage und Wochen für unseren Blog aufzubereiten. Mal wieder sind wir dabei etwas in Rückstand geraten, da es an Reisetagen oder beim Couchsurfing einfach nicht möglich ist, dafür genügend Zeit zu finden. Aber wir geben unser Bestes, versprochen! 🙂
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Wow ihr Beiden, was ihr so alles erlebt und –
zumindest dem Anschein nach – alles so locker nehmt. Hut ab!
Euer Blog liest sich prima. Wir freuen uns auf die nächsten Einträge.
Viele familiäre Grüße aus der Pfalz ?
Hallo Dieter und Astrid,
ich wusste gar nicht, dass ihr auch unseren Blog verfolgt 🙂 Freut mich!
Hier gibt es immer wieder Überraschungen und unerwartete Situationen; mittlerweile sind wir schon ganz gut im Improvisieren 🙂
Viele liebe Grüße von uns beiden!
Seit Eurem Zeitungsartikel „verfolge“ ich Euch mit Interesse. Habe per interrail und Bus vor genau 2 Jahren die nördliche Türkei – Igdir mit Blick auf den AraratErzerum, Kars , Ani- ehemalige armenische Hauptstadt vor 1000Jahren und dann per Zug die südliche (Dijabarkir) Tagesaufenthalt besucht. Weiter per Bus bis Van, mit der Fähre als einziger Gast zurück nach Tatvan, hotelunterkunft per Bus über Adena non Stop( natürlich die Buspausen) nach Antalya, nachts nach Istanbul, weiter nach Edirne. Mit dem mitgeführtem Klapprad als Transportesel über dGrenze nach Bulgarein. Gekommen war ich mit derFähre von Italien nach Griechenland (Patras) durch dieses mit 1Nacht in Athen und einer auf Strandpromenade von Thessaloniki per Zug nach Alexandropoli und per Rad in die Türkei, da es weder Bus noch Bahn, wie sich zeigte, gab ,weiter 3 km bis nach Ipsala, wild gezeltet. Nächsten Tag per Rad auf recht leerer Schnellstraße nach Kesan, dort per Bus nach Istanbul. Da ich mich nicht durch die Stadt verkehrsmäßig traute, folgte ich dem Buswerber,die auf dem Busparkplatz umherlaufen und einen ansprechen letzlich in dem nach Erzerum-Igdir, ca. 26 Stunden Fahrt bei 30€. Nun wißt Ihr mein Erlebnis als damals 55jähriger. Ich freue mich Euch und Eure Reise weiter begleiten zu können und bleibe freundlich grüßend Hanno.
Hallo Hanno,
herzlichen Dank für deinen ausführen Kommentar! Das hört sich nach einer tollen Tour an, die du gemacht hast! In einigen der Orte waren wir auch (Erzurum, Kars, Ani) und waren begeistert von der Gegend! Ein Fahrrad gibt einem bestimmt eine schöne Flexibilität und Unabhängigkeit, auf jeden Fall bei kürzeren Strecken.
Hast du schon neue Reisepläne?
Liebe Grüße!
Lustig und interessant wie immer 😀
Liebe Grüße!
Vielen Dank Hristina! Wir arbeiten bereits am Nachschub… 😉
Ich bin gespannt… 😀