Unsere zweitletzte Station in der Türkei ist das beschauliche Städtchen Kars. Im Nordosten des Landes gelegen, ist Kars der ideale Ausgangspunkt für einen Ausflug nach Ani, der ehemaligen armenischen Hauptstadt. Im Reiseführer haben wir gelesen, dass die seit mehr als drei Jahrhunderten verlassene Stadt 2016 in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen wurde und ein Besuch dort sehr lohnenswert sein soll.
Nach einer 45-minütigen Mietwagenfahrt auf einer sehr guten und kaum befahrenen Straße kommen wir am Tag des türkischen Referendums gegen Mittag in Ani an. Wir sind gespannt, ob wir an diesem Ort mehr Touristen als an unseren letzten Stationen begegnen werden. Doch bereits bei der Anfahrt zum großzügig dimensionierten Parkplatz wird klar, dass wir wohl auch hier mehr oder weniger alleine sind: Außer uns haben gerade einmal zwei weitere Autos den Weg hierher gefunden.
Da Ani direkt an der Ostgrenze der Türkei gelegen ist, können wir bereits vom Parkplatz aus bis nach Armenien schauen. Auch erhalten wir von hier aus einen ersten Blick auf die Geisterstadt Ani, die einst eine bedeutende Handelsstadt auf der historischen Seidenstraße war. Die Ruinen der Stadt sind seit langem unbewohnt, doch wird das Areal von den Bewohnern des angrenzenden Dorfes gerne als Weidefläche für Schafe und Ziegen genutzt. Bevor wir in die Stadt eintreten, werden wir daher Zeugen eines intensiv geführten Machtkampfes zweier Ziegenböcke… 🙂
Nachdem wir den sehr günstigen Eintrittspreis von 4 Türkischen Lira pro Person (umgerechnet ca. 2 EUR) entrichtet haben, betreten wir Ani durch das ehemalige Stadttor, dessen Fassade in einem erstaunlich guten Zustand ist. Vom hier beginnenden Hauptweg haben wir einen guten Überblick über das Gelände und erkennen aus der Ferne bereits einige scheinbar gut erhaltene Gebäude, die wir uns näher anschauen möchten. Zuvor lenkt ein wiederholtes Pfeifgeräusch unsere Aufmerksamkeit auf drollige Erdmännchen, die in der Nähe nach Nahrung suchen und uns interessiert beobachten.
Als Erstes erkunden wir die erfreulich gut erhaltene Kathedrale. Die Kuppel dieses größten Gebäudes Anis fiel 1319 einem Erdbeben zum Opfer. Trotzdem sind wir beeindruckt von der tollen Fassade und der riesigen Halle mit mächtigen Säulen im Innern.
Von der Kathedrale aus gehen wir weiter in Richtung Schlucht. Dabei kommen wir an der Erlöserkirche vorbei, deren östlicher Teil 1957 bei einem Sturm eingefallen ist. Auch finden wir Hinweise auf die Seidenstraße, die hier einst entlang führte.
Wir folgen den Wegen weiter in Richtung Fluss und erblicken von einer Anhöhe aus die Kirche Sankt Gregor von Tigran Honents. Das Gebäude zählt zu den besterhaltenen Anis und ist durch üppige Fresken geschmückt. Da außer uns nur sehr wenige Menschen das weitläufige Gelände besichtigen, erleben wir die spektakuläre Landschaft in einer sehr angenehmen Ruhe, die nur durch das entfernte Rauschen des Flusses und das Gezwitscher der Vögel überlagert wird. Hier wollen wir gerne verweilen und nutzen die vorhandenen Steine als Sitzgelegenheit für unsere Mittagspause, für die wir uns ein Vesper (hochdeutsch: Zwischenmahlzeit 😉 ) aus Kars mitgebracht haben.
Von der Erlöserkirche aus spazieren wir weiter zur Menüçehr-Moschee, die von den Einheimischen noch bis 1906 als Gebetshaus genutzt wurde. Während wir unseren Blick auf ehemals bewohnte Höhlen am anderen Ende des Geländes werfen, bemerken wir, dass sich ganz in der Nähe ein Unwetter zusammenbraut. Kurz überlegen wir, ob wir nun nach Hause fahren sollen. Da zu unserer Weltreise-Ausrüstung natürlich auch Regenjacken gehören, warten wir erst einmal ab wie sich die Wettersituation entwickelt.
Unser Durchhaltevermögen lohnt sich, denn bereits nach einer halben Stunde ist alles vorüber und die Wolken lichten sich. So haben wir Gelegenheit, das schöne Abendlicht für weiter Erkundungen und Fotos zu nutzen.
Da es inzwischen später Nachmittag ist, beschließen wir, zum Auto zu gehen, um zurück nach Kars zu fahren. Wir sind gespannt, wie das Referendum ausgegangen ist und wie die Stimmung in Kars sein wird. Auf dem Rückweg entdecken wir noch weitere schöne Ecken in Ani.
Ani scheint in der Türkei noch ein echter Geheimtipp zu sein. Mit ihrem weitläufigen und grünen Gelände hat uns die friedliche Ruinenstadt nachhaltig beeindruckt und wir können nur jedem empfehlen, bei einem Türkeibesuch hier vorbeizuschauen! Krönender Abschluss eines tollen und entspannten Tages war ein erneuter Regenschauer auf dem Rückweg nach Kars, der einen sensationellen Regenbogen zur Folge hatte.
Sehr schade, dass sich unsere Zeit in der Türkei bereits dem Ende zuneigt. Aber wir freuen uns schon auf unser nächstes Reiseziel: Iran 🙂
*Dir hat dieser Artikel gefallen und du hast Lust, uns zu unterstützen? Dann schau hier vorbei.*
Hinweis: Dieser Artikel enthält Affiliate Links.
Interessante Kirchenruinen und toll der Regenbogen!
Danke, Norbert! 🙂
Ani ist eines der Ziele auf meiner persönlichen Reiseagenda, zumal ich von meinem armenischen Vater nach dieser Stadt benannt wurde. Danke für die schönen Bilder und den Text. Ich atme darin förmlich die friedliche und weite Atmosphäre heraus und könnte mich am liebsten sofort auf den Weg machen… Herzliche Grüße, Ani
Hallo Ani,
ein sehr schöner Name! 🙂 Danke für deinen Kommentar, uns hat es in Ani unglaublich gut gefallen und da so wenige Besucher dort waren, war es tatsächlich sehr friedlich. Möge es so bleiben!
Hoffentlich hast du bald die Gelegenheit, diesen einmaligen Ort selbst zu besuchen.
Liebe Grüße aus Mexiko
Sebastian