„Endlich mal entspannen“ war das Motto unseres fünften Reisemonats. Kirgistan ist das erste Land nach der Türkei, in dem wir länger als 30 Tage und ohne Visum bleiben dürfen. Reichen uns die visumsfreien 60 Tage nicht aus, können wir diese mit einem kurzen Abstecher nach Kasachstan wieder um neue 60 Tage verlängern. Sehr, sehr angenehm!
Und so sind wir in unserem fünften Reisemonat in ein „Zeitloch“ gefallen: drei Wochen lang blieben wir in Osch und ließen es uns gut gehen. „Fahren wir morgen weiter?“ „Ach nee, lass uns noch ein paar Tage bleiben!“ Am Ende waren es drei, schöne, entspannte Wochen in der zweitgrößten Stadt Kirgistans, die sich eine nette, gemütliche Atmosphäre bewahrt hat.
Mit Zwischenstopps reisten wir nach unseren drei Wochen in Osch nach Bischkek und blieben auch dort nochmal eine Woche. Wir schafften es also, mal Tempo raus zu nehmen und länger an einem Ort zu bleiben – ein Durchatmen, das richtig gut tat!
Was ist in Monat Fünf passiert?
- Wir werden zu den Fixpunkten in unserem kleinen Hostel in Osch: Normalerweise verweilen wir nur kurz in unseren Unterkünften, aber nun sind wir auf einmal diejenigen, die bleiben und andere Reisende kommen, gehen und teils sogar wiederkommen sehen.
- Osch ist für uns als ausländische Touristen nicht gefährlich. Komisch, dass dieses Vorurteil bei anderen Reisenden weit verbreitet ist. Wir erleben die Stadt als sehr entspannt, ruhig und angenehm.
- Das Nichtstun fällt uns zu Beginn sehr schwer. Nach vier Tagen Entspannen verspüren wir eine große Unruhe und haben das Gefühl, nun wieder weiter zu müssen. Doch nachdem wir dieses Gefühl überwunden haben, zieht uns erst mal nichts mehr weg.
- Sebastian kauft sich eine Gitarre. Nicht gerade vorteilhaft, was die Gepäckmenge betrifft, aber eine schöne Freizeitbeschäftigung.
- Wir lassen von einer Schneiderin eine Hülle für die Gitarre nähen. Über sie und das Geschäft, in dem sie arbeitet, lernen wir den jungen Zhumabai kennen, der ein Jahr lang in Deutschland lebte und uns gleich zu sich nach Hause zum Abendessen einlädt. Wir verbringen einen sehr schönen Abend bei seiner sehr freundlichen und lustigen Familie, die uns mit zwei unvergesslichen Abschiedsgeschenken und besten Wünschen für baldigen Kindersegen überrascht! (s. Titelbild für die Geschenke 🙂 )
- Nach über einem Monat gemeinsamen Reisens mit Thomas und seinem roten Bus sind wir nun wieder alleine unterwegs. Obwohl es zuerst komisch ist, nicht mehr mit einem Auto überall hinfahren zu können, genießen wir die Freiheit, wieder selbst bestimmen zu können, wann es wohin geht.
- Wir lernen endlich den öffentlichen Transport in Kirgistan kennen, teilen uns mit anderen Reisenden „shared taxis“, quetschen uns in enge und überhitzte Marschrutkas (Minibusse in „Sprinter“-Größe) und trampen zum ersten Mal auf dieser Reise. Es läuft so gut, dass wir es nach dem ersten Versuch immer wieder probieren.
- Unsere neuen Schweizer Freunde Carola und Giacomo treffen wir nach unseren regelmäßigen Begegnungen auf dem Pamir Highway noch einmal in Osch und am Ende ihrer Reisezeit in Kirgistan ein letztes Mal in Bischkek. Es ist schön, sie immer wiederzusehen und sich über die gemachten Erfahrungen austauschen zu können!
- Wir planen unsere Weiterreise! Gut drei Tage lang sind wir nonstop mit der Recherche zu Visabedingungen, der Zusammenstellung aller geforderten Unterlagen und deren Versendung nach Deutschland beschäftigt. Wir sind erleichtert, als wir über die Postverfolgung sehen, dass unsere Pässe samt Unterlagen gut in Deutschland angekommen sind!
- Obwohl es schon seit Wochen heiß ist, können wir zum ersten Mal in einem schönen kirgisischen See, dem Toktogul, baden. Herrlich! Wir vermissen unseren Augsburger Kuhsee ein wenig…
- In Toktogul dürfen wir bei einer sehr netten Familie übernachten und zum ersten Mal essen wir gemeinsam mit der Gastfamilie zu Abend. Der älteste Sohn lernt in der Schule Französisch und fordert mal wieder unsere Gehirnzellen heraus, aber seine Mutter spricht zum Glück gut Englisch, sodass wir mit einer Mischung aus Französisch, Englisch und Russisch einen netten und lustigen Abend mit unseren Gastgebern haben!
- In Arslanbob dürfen wir bei Ibragim, dem Deutschlehrer des Dorfes, übernachten. Es ist schön für uns, dass er gerne mit uns Deutsch spricht und wir ihm alle unsere Fragen zum Leben früher und heute in Arslanbob und Kirgistan stellen können.
- Mit Ibragim machen wir einen Ausflug zu den nahegelegenen Baumwollfeldern und er erklärt uns allerhand Wissenswertes über die Baumwollpflanze, deren Bewässerung und Ernte. Die Baumwollkapseln reifen bereits aus, aber aufgehen werden sie erst Ende August. Das wollen wir sehen, wenn wir schon mal hier sind!
- In Arslanbob erhaschen wir auch erste Eindrücke in die Urlaubsvorstellungen der Kirgisen. Hunderte Souvenirstände mit allerhand bunten, blinkenden und glitzernden Plastiksachen „made in China“ reihen sich auf dem Weg zu einem kleinen Wasserfall aneinander. Schießbuden ziehen die Besucher an und machen allerhand Lärm. Ein Selfie nach dem nächsten wird mit uns geschossen. Im überraschend großen Vergnügungspark des kleinen Ortes dröhnt die Musik, wird viel Alkohol konsumiert, ist die Stimmung laut und ausgelassen.
- In Bischkek mieten wir uns für eine Woche ein kleines Appartement. Es ist fantastisch, mal vier Wände für uns alleine zu haben uns ganz besonders freuen wir uns über die Küche. Selbst kochen ist was Feines! 🙂
- Mit unserer neuen Freundin Sasha aus Russland erobern wir das Nachtleben Bischkeks. Praktisch, dass sie sich schon gut auskennt und uns die schönen Ecken zeigt!
- In Kirgistan scheint es üblich zu sein, dass Frauen ihr Bier mit Strohhalm serviert bekommen. Etwas ungewöhnlich…
- Am Ende unseres fünften Reisemonats verlassen wir Bischkek. Es geht raus aus der Stadt und endlich an den Issyk-Kul, das „kirgisische Meer“, den größten See im Land. Wir sind voller Vorfreude!
Mit welchen Erwartungen fuhren wir Kirgistan, das Land des Reisemonats Fünf?
- Mit einigen. Kirgistan war für uns immer das Ziel der Anfangsplanung: „Die Donau entlang, Türkei, Iran, Turkmenistan, Usbekistan bis nach Kirgistan. Dann schauen wir weiter!“ So waren wir in diese Reise gestartet. Nun sind wir also tatsächlich hier angekommen!
- Was erwarten wir konkret? Natur; Jurten; Pferde; einen großen, sauberen, schönen Issyk-Kul; Wandern; die Möglichkeit, einfach und leicht in die Natur zu kommen; fleischlastiges Essen; schneebedeckte Berge; Hitze; (Wasser-)Melonen!
Wie sah es in diesem Monat mit Fettnäpfen oder skurrilen Situationen aus?
- Auf der Suche nach einem Arzt zur Behandlung von Sebastians starken Halsschmerzen betraten wir ein Haus, auf dem wir das Wort „Medizinzentrum“ entziffern konnten. Wir wunderten uns über die vielen wartenden Frauen mit teils kleinen Kindern, dachten uns aber nichts dabei. Sebastians Frage nach einem passenden Arzt blieb erfolglos, denn es stellte sich heraus, dass es sich um eine gynäkologische Praxis handelte… Hier konnte ihm leider nicht geholfen werden 🙂
- Bei der Beantragung des indischen Visums wurde von jedem Antragssteller ein Foto gemacht. Die Höhe des Schalters war nicht ganz auf Sebastians Körpergröße abgestimmt; der Fensterrahmen, hinter dem der Botschaftsangestellte mit seiner Kamera saß, befand sich genau auf seiner Stirnhöhe. Um dem Fensterrahmen auszuweichen, streckte Sebastian seinen Kopf durchs Fenster hinein. Dem Botschaftsangestellten war dies scheint’s zu nah: „Please, Sir, keep some distance! Distance!“ Erst nach der dritten Aufforderung verstand Sebastian und zog seinen Kopf wieder zurück. Beide nahmen es mit Humor.
- Schon wieder bzw. immer noch wegen Halsschmerzen besuchten wir eine Apotheke und fragten nach Halsschmerzmitteln. Die Apothekerin lachte herzlich und verwies auf die Kuh-, Schaf- und Ziegenbilder auf den Arzneimitteln. Hoppla, wieder mal in den falschen Laden gestolpert…
Unser Fazit des fünften Monats
Endlich mal langsam unterwegs! Es tat und tut gut, nach vier Monaten Eindrücke, Reise, Begegnungen, Sprachen, Essen und täglich neuen Leuten einfach mal nicht so viel Neues zu sehen. Einfach mal länger irgendwo zu bleiben und irgendwann den Obsthändler, die Eisdiele, das Café, ein paar nette Restaurants und den Bäcker des Vertrauens gefunden zu haben. Überraschend, wie schnell man sich doch ein solches kleines Netz an täglichen Anlaufstellen aufbaut!
Obwohl wir in Osch nicht wirklich viel machten (außer der Beantragung von Visa, Arbeiten am Blog, Lesen, mit Familie und Freunden telefonieren und dem ein oder anderen Ausflug in die Stadt), verflog die Zeit regelrecht. Langweilig wurde es nie und manchmal erschraken wir selber, wie viele Tage auf einmal schon verstrichen waren. Aber egal – Monat Fünf war unser Pausenmonat!
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Hallo ihr beiden,
ich muss sagen, ich liebe es euren Blog zu lesen und so bei eurer Reise „dabei zu sein“.
Leider wird so mein eigenes Fernweh auch nicht kleiner 😉
Liebe Grüße aus Hamburg 🙂
Liebe Ines,
vielen Dank für deinen lieben Kommentar! Wir freuen uns, dass du bei unserer Reise „dabei bist“ 🙂 Und tja, sorry wegen dem Fernweh! 😉 Da musst du wohl bald was dagegen tun 🙂 Liebe Grüße aus Kirgistan
Leo & Sebastian
Hallo Ihr Beiden,
ich habe heute euren tollen Artikel in der Augsburger Allgemeinen gelesen. Natürlich musst ich sofort einen Blick auf euren Blog werfen.
Macht Lust euch weiter zu begleiten! Ich bin gespannte.
Viele Grüße aus der Heimat und alles Gute!
…nur wo du zu Fuß warst, bist du wirklich gewesen…
Hallo Michaela,
danke für deinen Kommentar! 🙂 Wir freuen uns, wenn du uns weiter begleitest! Ja, stimmt, sich Orte und Gegenden zu erlaufen bzw. immerhin langsam zu „erfahren“, ist ein ganz anderes Reisen als schnell, schnell mit dem Flugzeug von A nach B zu kommen… Wenn man die Zeit hat, ist das langsame Reisen wunderbar! 🙂
Liebe Grüße aus Kirgistan
Diese Monatsberichte mag ich am liebsten. Sehr interessante zusammenfassende Beobachtungen! 🙂
Oh, dankeschön! 🙂 Da freue ich mich sehr, denn gerade diese Monatsberichte machen interessanterweise verdammt viel Arbeit… Umso schöner zu lesen, dass sie dir gefallen!
Hallo Ihr Beiden, ich glaube wir sind Nachbaren in Pfersee gewesen. Ihr lebt jetzt die Träume meiner Jugend und ich wünsche Euch viel Spass und Erfolg dabei. Ihr werdet es so oder so nie bereuen, das kann euch keiner mehr nehmen. Herzliche Grüße aus Augsburg und der idylischen Färberstr. 🙂
Hallo Hansjörg,
vielen Dank für Deine nette Nachricht! Unsere letzte Wohnung in Augsburg war in Herrenbach, aber vielleicht sind wir uns ja trotzdem mal begegnet 🙂 Du hast Recht, diese Reise ist wirklich eine einmalige Erfahrung und wir sind sehr froh, die Entscheidung dafür getroffen zu haben. Wir senden Dir sonnige Grüße aus Kasachstan!
Sebastian & Leo
Hey ihr 2
Geht’s euch gut?
Cool geschrieben Blöcke mit Top Bilder? Danke!!!
Wie geht’s euren Reisegepäck könnt ihr Souvenirs sowie Reisegeschenk nach Hause schicken oder schenkt ihr das weiter?
Hatt sich das Reisen durch die Gitarre verändert?
Habt ihr eure Reisegeschwindigkeiten gefunden oder habt ihr noch das Gefühl Orte zu schnell bzw langsam zu verlassen?
Wie pflegt ihr eure Reisefreundschaft?
Wie macht ihr das mit dem Geld wieviel habt ihr bei euch, wie täuscht ihr um klappen die Geldautomaten?
Hoffe es waren nicht zuviele Fragen ?
Sind sehr interessante Länder
Wünsche euch dass ihr weiterhin gut harmoniert,
Gesund bleibt und viele Abenteuer!
Macht Spass euch zu Folgen
Hallo Ferdinand,
das sind tatsächlich ziemlich viele Fragen! 😉 Schön, wenn dir unser Blog und die Fotos gefallen! Da freuen wir uns!
Unser Reisen hat sich durch die Gitarre eigentlich nicht verändert, aber manchmal ergeben sich nette Situationen durch sie. Immer wieder fragen Leute, ob sie auch mal spielen dürfen und obwohl sie von sich behaupten, Anfänger zu sein, können alle fantastisch spielen! 🙂 Vielleicht kommen wir durch die Gitarre sogar noch ein bisschen leichter mit Leuten ins Gespräch?! Könnte sein.
Ansonsten passen wir bei unserem Gepäck aber auf, dass es nicht zu viel wird. Souvenirs kaufen wir (leider…) kaum, aber z.B. den geschenkten Kirgisenhut behalten wir natürlich. 🙂 Bald werden wir mal ein Päckchen nach Hause schicken, ist aber das erste Mal.
Unsere Reisefreundschaften lassen sich am leichtesten über Facebook, WhatsApp oder Instagram pflegen, das scheint heutzutage fast jeder Reisende zu nutzen.
Die Geldversorgung über Kreditkarte funktioniert eigentlich in fast jedem Land (außer Iran) problemlos.
Und die Reisegeschwindigkeit – tja, ist immer anders! 🙂 Mal passt’s perfekt, mal war es irgendwo doch zu kurz, mal ist es an einem Ort dann doch etwas zu lange… Bei zwei Reisenden müssen wir immer einen Kompromiss finden 😉
Liebe Grüße aus Almaty
Leo & Sebastian