Welcome to Pakistan!

Ein alter Mann steht neben einem Jungen auf einem Feld im Karakorumgebirge.

Pakistan. Die Länder unserer Erde, die ein noch schlechteres Image als Pakistan haben, lassen sich wohl an einer Hand abzählen. Ist das nicht die Terroristenhochburg neben Afghanistan, in der 2011 Osama bin Laden gefasst wurde? Und wurden dort nicht auch diejenigen Männer ausgebildet, die 2008 den Anschlag auf das „Taj Mahal“-Hotel in Mumbai verübten? Gab es vor ein paar Jahren nicht sogar einen Vorfall, bei dem Touristen gekidnappt und umgebracht wurden?

Mein eigenes Wissen über Pakistan war vor dieser Reise mehr als begrenzt; nicht einmal obige Fakten hätte ich dem Land, dessen Staatsgebiet mehr als doppelt so groß wie Deutschland ist, zuordnen können. Wie hätte es auch anders sein können? In den deutschen Medien spielt Pakistan so gut wie keine Rolle, ich kennen keinen einzigen Pakistaner und niemand meiner Freunde und Bekannten ist jemals dort gewesen. Als ich meinen Eltern zu Hause von unseren Reiseplänen erzählte, fragte mein Vater besorgt: „Nach Pakistan fahrt ihr aber nicht, oder?“ Ich habe ihm damals geantwortet, dass wir selbstverständlich nicht nach Pakistan fahren, „wir sind ja nicht verrückt!“

Nach Pakistan zu fahren, hatten wir nun wirklich nicht vor. Doch ab dem Iran begegneten wir immer wieder Reisenden, die in umgekehrter Richtung wie wir unterwegs waren und gerade aus Pakistan kamen. Alle, die das Land bereits besucht hatten, kamen aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Und gefährlich sei es nicht gewesen, im Gegenteil, sie hätten sich dort immer sehr sicher gefühlt. „Wäre das nicht vielleicht doch etwas für uns?“, begannen wir uns zu fragen. Unsere Neugier war geweckt und wir fingen an zu recherchieren. Wenige Wochen später stand fest: Wir fahren nach Pakistan!

 

Station 1: Passu

Da sind wir also. Der Bus aus China stoppt vor dem pakistanischen Einreisegebäude in Sost, alle steigen aus. Die wenigen Pakistaner, die mit uns im Bus waren, schnappen sich ihr Gepäck und sind auch schon im Gebäude verschwunden, auf dessen Türe das Wort „Immigration“ geschrieben steht. Auch wir schultern unsere Rucksäcke und gehen hinein. Die pakistanischen Grenzbeamten sind freundlich und drücken uns ein Formular in die Hand, welches wir ausfüllen müssen. Innerhalb weniger Minuten sind unsere Pässe nebst Visa geprüft. Für den Inhalt unserer Rucksäcke interessiert sich hier niemand. „Welcome to Pakistan!“, rufen sie uns noch zu, dann sind wir offiziell eingereist.

Bevor wir zu den vor dem Gebäude wartenden Taxis hinausgehen, können wir bei einem der Beamten sogar noch unser übrig gebliebenes Bargeld aus China zu einem fairen Kurs in pakistanische Rupien umtauschen. Da wir uns bei ihm auch über den üblichen Preis für die Fahrt bis nach Passu informieren, kommt die Preisverhandlung mit dem gutgelaunten Taxifahrer schnell zu einem Ergebnis. Zusammen mit Tomó aus Japan, mit dem wir uns den Transport teilen, geht die Fahrt los. Vom sehr guten Zustand der Straße sind wir überrascht und bestaunen unterwegs die eindrucksvollen Bergriesen, die das Hunza-Tal nach beiden Seiten hin einrahmen. Kurz stoppen wir unterwegs bei einem Bekannten unseres Taxifahrers, der am Straßenrand getrocknete Aprikosen verkauft. „The best in whole Pakistan!“, wie er uns glaubhaft versichert. Nachdem wir uns selbst vom süßen Geschmack der Trockenfrüchte überzeugt haben, kaufen wir ihm eine Tüte ab.

Pakistanisches Einreisegebäude in Sost auf dem Karakorum Highway.
Angekommen in Sost vor dem pakistanischen Einreisegebäude
Pakistanische Männer sitzen auf einem verzierten Lastwagen.
Auf dem Weg nach Passu kommen wir an den ersten reich verzierten Lastwagen und ihren netten Fahrern vorbei
Berge im pakistanischen Karakorumgebirge.
Die Bergwelt Nordpakistans beeindruckt uns von Anfang an
Berge im pakistanischen Karakorumgebirge.
Immer wieder können wir in einladende Seitentäler blicken

Als wir im Hotel in Passu ankommen, ist es bereits dunkel. Doch bevor wir uns hier einmieten, muss zuerst der Preis verhandelt werden. Knapp 50 Euro pro Nacht kommt uns für eine Unterkunft in diesem kleinen Dörfchen dann doch recht teuer vor und nach einigem Hin und Her und einem „Nebensaison-Spezialrabatt“ einigen wir uns auf die Hälfte. In Passu, das auf 2.500 Metern liegt, sind die Oktobernächte bereits empfindlich kalt – zu schade, dass es hier keine Heizung gibt. So sitzen wir in Fleece- und Windjacke eingepackt beim Abendessen, das wir mit Julia und Simon aus der Schweiz zu uns nehmen. Und noch etwas anderes gibt es hier nicht: elektrischen Strom. Zum Glück behilft sich das Hotel mit einem kleinen Stromaggregat, das zumindest in den Abendstunden etwas Licht ins frostige Restaurant und in unser Zimmer bringt. Aber um 22 Uhr ist Schluss!

Nach einer erholsamen Nacht sind wir bereit für unseren ersten richtigen Tag in Pakistan. Als wir Frühstück bestellen, sind Julia und Simon, die mit Fahrer und Guide unterwegs sind, bereits abgereist. Da wir es an den ersten Tagen im für uns fremden Land lieber gemütlich angehen lassen wollen, machen wir es uns im Hotelgarten bequem, wo wir uns über Rührei, frisches Chapati (das pakistanische Brot) und Kräutertee freuen. Nachdem wir das Frühstück beendet haben, hole ich meine Gitarre aus unserem Zimmer und bringe Leo ihren E-Book Reader mit – nur kein Stress 🙂 Ich habe bereits einige Stücke zum Besten gegeben, als ich hinter mir eine Stimme höre. „You play very nicely!“, lässt ein bärtiger Mann verlauten und kommt strahlend auf uns zu. An seiner Seite geht eine Frau mit Kopftuch, die wohl seine Gattin ist. „May we join you?“, fragt er freundlich. Natürlich bejahen wir seine Frage und schon sind wir mitten drin in unserer ersten Begegnung mit den Menschen in Pakistan.

Der sehr höfliche Herr stellt sich als „Colonel im Ruhestand“ vor und verbringt mit Familie und Freunden in Passu seinen Herbsturlaub. Neugierig lauscht er den Erzählungen unserer bisherigen Reise und ist sichtlich erfreut, dass wir uns entschieden haben, sein Land zu besuchen. „Der Colonel“, wie wir ihn seit diesem Tag nennen, erklärt uns, dass der Norden Pakistans sehr sicher sei, das Militär habe hier alles im Griff. Wir hoffen, dass er Recht hat, aber da er Jahrzehnte lang für das pakistanische Militär gedient hat, sollte er es eigentlich wissen.

Nachdem wir uns bereits eine halbe Stunde lang in fließendem Englisch unterhalten haben, stößt Rizwan samt Familie zu uns, der ebenfalls für das pakistanische Militär arbeitet. Auch er freut sich, uns zu treffen und bevor sich unsere neuen Bekannten für einen Ausflug verabschieden, laden sie uns ein, mit ihnen zu Abend zu essen. Sie haben Kontakt zu einer Familie in Passu, die für Touristen traditionelle Gerichte des Hunza-Tals zubereitet. Sehr gerne sagen wir zu. In keinem Land zuvor sind wir so schnell mit den Einheimischen in Kontakt gekommen und sogar zum Essen eingeladen worden – ein vielversprechender Start 🙂

Leo sitzt auf einem Campingstuhl in Passu.
Idyllische Lage unserer ersten Unterkunft in Pakistan
Leo und Sebastian mit einer pakistanischen Familie vor hohen Bergen.
Hier lernen wir „die Colonels“ und ihre Familien kennen, die uns für den Abend zum Essen einladen
Menschen in einem traditionellen Haus in Passu.
In einem traditionellen Haus in Passu bekommen wir bei guter Gesellschaft einheimische Spezialitäten serviert
Pakistanische Speisen im Hunzatal.
Für uns ist alles neu: Suppe mit getrockneten Aprikosen, Fladenbrot mit Käse und Aprikosenöl, gebratener Reis, sowie Mehlbrei mit Yakfleisch und Yakbutter
Nachthimmel in Passu.
Als wir nach einem unterhaltsamen Abend zurück zum Hotel kommen, bestaunen wir den grandiosen Sternenhimmel
Frühstückstisch im Karakorumgebirge.
Den nächsten Tag beginnen wir mit einem leckeren Frühstück. Der Ausblick von der Terrasse des kleinen Restaurants könnte besser nicht sein 🙂
Sebastian und Leo mit zwei Mitreisenden im Karakorumgebirge.
Zufällig treffen wir hier Miro aus Polen und Tomó aus Japan, mit denen wir im Bus von China nach Pakistan gereist sind
Leo in den Bergen des Karakorum.
Gemeinsam machen wir eine kleine Wanderung in ein Tal, an dessen Ende ein Gletscher liegt
Sanddornstrauch in Pakistan.
Unterwegs sehen wir Sanddornsträucher, die in dieser Region besonders gut gedeihen
Disteln wachsen auf Sand.
Und auch für diese Disteln scheint der sandige Boden genau das Richtige zu sein
Sebastian vor einem riesigen Berg.
Kleiner Mann vor großem Berg 🙂
Passu Gletscher.
Vor einigen Jahren reichte der Passu Glacier noch bis an den Fluss heran, wie uns Einheimische erzählen. Auch hier sind die Auswirkungen der Erderwärmung zu spüren.

Nach einem schmackhaften und unterhaltsamen Abendessen mit den Colonels, brechen wir am nächsten Tag alleine auf, um das Dorfleben in und um Passu kennenzulernen. Da unser Hotel ein gutes Stück außerhalb gelegen ist, begeben wir uns auf die wenig befahrene Hauptstraße, um darauf die zwei Kilometer bis in die Dorfmitte zu spazieren. Doch weit kommen wir nicht. Schon stoppt neben uns ein Traktor, von dem aus uns ein junger Mann fragt, ob er uns nicht mitnehmen soll. Trampen auf einem Traktor? Ich zögere zunächst, doch ehe ich antworten kann, hat Leo bereits zugesagt. Und so rollen wir kurz darauf langsam aber sicher in Richtung Dorf. Dass Touristen auf einem Traktor mitfahren, scheint auch hier nicht alltäglich zu sein, denn unterwegs winken uns mehrere Dorfbewohner lachend zu.

Passu wirkt auf uns sehr idyllisch. Die Kartoffel- und Apfelernte ist gerade in vollem Gange und die Blätter der vielen Obstbäume haben zum Teil bereits leuchtende Herbstfarben angenommen. Wir gehen im Dorf umher und kommen mit mehreren Bewohnern ins Gespräch, die sich allesamt freuen, dass wir ihrem Dorf einen Besuch abstatten. Viele von ihnen sprechen sogar Englisch, was wir im sehr ländlichen, äußersten Norden Pakistans nicht erwartet hätten.

Einerseits kommt uns das Leben der Bewohner Passus inmitten dieser grandiosen Bergwelt sehr friedlich vor. Andererseits sind wir uns jedoch auch sicher, dass es sehr hart sein muss, ohne Strom oder fließend Wasser hier zu wohnen und sich durch schwere Feldarbeit selbst zu versorgen. Da ist es uns fast schon unangenehm, dass uns jeder, dem wir begegnen, etwas schenken will. Auch wenn wir zunächst versuchen, dankend abzulehnen, kommen wir am Ende mit einem Rucksack voller Äpfel und Kartoffeln zurück zum Hotel.

Sebastian und Leo sitzen auf einem Traktor.
Mitfahrgelegenheit mal anders 🙂
Ein alter Mann steht neben einem Jungen auf einem Feld im Karakorumgebirge.
Die Kartoffelernte in Passu ist gerade in vollem Gange
Sebastian neben drei Kartoffelsäcken im pakistanischen Karakorum.
Alle Dorfbewohner, die wir treffen, möchten uns etwas schenken. Am Abend freuen wir uns über leckere Pellkartoffeln mit Spiegelei, die wir uns in der Hotelküche selbst zubereiten dürfen.
Menschen sammeln Kartoffeln auf einem Feld.
Auch wenn es romantisch aussieht, so ist es doch ein hartes Leben, das die Menschen hier führen
Apfelbäume in Passu.
Die Blätter einiger Bäume haben sich bereits herbstlich verfärbt
Äpfel an einem Apfelbaum.
In Passu kommen wir in den Genuss der köstlichen Hunza-Äpfel
Leo wandert auf einem Pfad im Karakorumgebirge.
Am nächsten Tag machen wir von hier aus einen Ausflug zu einer Hängebrücke
Sandiges Flussbett des Hunza-Flusses.
An einer Weggabelung biegen wir falsch ab und finden uns im Flussbett des Hunza wieder, der momentan nur wenig Wasser führt
Leo läuft barfuß auf dem steinigen Ufer des Hunza-Flusses.
Wir wandern das Flussbett entlang, müssen dann aber kurz vor der Hängebrücke eine Stelle suchen, an der wir den Wasserstrom durchqueren können
Ein Mann geht auf einer Hängebrücke über den Hunza-Fluss.
Nachdem wir das Ufer wieder hinaufgekraxelt sind, gelangen wir zum Anfang der Passu Suspension Bridge
Hölzerne Hängebrücke bei Passu.
Sieht etwas abenteuerlich aus, hat uns aber zum Glück zuverlässig getragen 🙂
Leo sitzt in den Bergen und isst eine Kartoffel.
Als Mittagssnack gibt es die übrig gebliebenen Kartoffeln vom Vorabend

Station 2: Shimshal

Einem Tipp der Colonels folgend, beschließen wir, von Passu aus in ein Seitental des Hunza Valleys bis nach Shimshal zu fahren. Das kleine Dorf ist durch eine schmale Gebirgsstraße mit der Außenwelt verbunden und kann nur mit einem Geländewagen erreicht werden. Da uns ein privater Transport zu teuer ist, entscheiden wir uns für den geteilten Jeep, der auch von den Einheimischen als eine Art Busersatz genutzt wird. Der Besitzer unseres Hotels hat extra beim Fahrer des Geländewagens angerufen und zwei Plätze für uns reserviert. So staunen wir nicht schlecht, dass im Auto bereits elf Personen sitzen, als dieses bei uns ankommt. Wie sollen wir denn da noch hineinpassen?

Irgendwie schaffen wir es dann doch und teilen uns für die kommenden 4 Stunden jeweils eine Sitzreihe zu viert bzw. zu fünft. Ein etwa 14 Jahre alter Junge hat Pech gehabt und muss die sehr kurvige und holprige Fahrstrecke von 60 Kilometern auf dem Dach verbringen. Da sich die Sonne bereits neigt und es in den Bergen früh dunkel wird, ein sehr kaltes Unterfangen. Doch auch wir sitzen alles andere als komfortabel und sind froh, als wir endlich die Ausläufer Shimshals erreichen und es im Geländewagen allmählich leerer wird. Ob auf der engen Straße, die großteils dicht am Abgrund einer Schlucht entlang führt, schon einmal etwas passiert sei, wollen wir noch wissen. Unser Fahrer winkt lachend ab, hier ist alles sicher. Na dann…

In Shimshal finden wir ein einfaches Guesthouse, in dem wir vom einzigen Angestellten Jafer rührend umsorgt und bekocht werden. Auch wenn es hier keinen Strom und kein warmes Wasser gibt, fühlen wir uns dennoch wohl und bleiben für drei Nächte. Für Leos Geburtstag, den wir hier in aller Abgeschiedenheit feiern, backt Jafer auf dem Gasherd sogar einen leckeren Kuchen in einer Pfanne. Unglaublich, was mit einfachsten Hilfsmitteln doch alles möglich ist.

Das Gebirgsdorf Shimshal.
Das Gebirgsdorf Shimshal von oben
Felder in Shimshal.
Hier erwarten uns tolle Herbstfarben, doch die Felder sind leider schon abgeerntet
Guesthouse in Shimshal in Pakistan.
Unser einfaches, aber gut geführtes Guesthouse
Leo sitzt in eine Decke eingehüllt neben einem Mann auf dem Boden.
Im Inneren des Hauses ist es frostig, sodass wir in Decken gehüllt mit Jafer beim Frühstück sitzen
Abspülplatz in Shimshal.
Wasch- und Abspülplatz neben dem Haus
Dorfladen in Shimshal.
Im Dorfladen gibt es das Nötigste zu kaufen. So auch „Tourist Food“, das aber hauptsächlich aus Keksen und Chips besteht.
Laterne in Shimshal.
Im ganzen Dorf sind einfache, aber funktionale Solarlampen aufgestellt, die nachts für Beleuchtung sorgen

Shimshal ist für uns ein spannender Ort. Wie können Menschen mitten im Gebirge ohne wirkliche Verbindung zur Außenwelt eigentlich überleben? Was essen sie, wie überstehen sie die strengen und langen Winter und gibt es hier so etwas wie Freizeit? Wir sind froh, diese und viele weitere Fragen Jafer und seinem Freund Saman stellen zu können, die uns zu sich nach Hause einladen. Auch schauen wir bei der örtlichen Schule vorbei, die kurz vor den Ferien die jährlichen Sporttage veranstaltet. Wir werden von der Schulleiterin zu einem Tee eingeladen und dürfen einen Blick in die Klassenzimmer werfen, die trotz der frostigen Temperaturen nicht beheizt sind. Stolz zeigt uns die Direktorin die Solaranlage der Schule, die Strom für einen Computerraum erzeugt, in dem die Schüler für den Umgang mit diesem für uns alltäglichen Gerät vorbereitet werden.

Leo schaut zu, wie ein Schaf geschoren wird.
Jafer und Saman zeigen uns, wie die Schafe geschoren werden
Sebastian hält ein Lamm auf dem Arm.
Bekanntschaft mit einem Schäfchen, das dieses Jahr nochmal ungeschoren davonkommt 🙂
Sebastian schaut zu einem Baby, das in einem Bettchen liegt.
Saman lädt uns zu einem Tee bei sich zu Hause ein und wir lernen seinen Neffen kennen, der die kalten Tage dick eingepackt in einer Wiege verbringt
Schüler spielen Cricket in Shimshal.
Wir besuchen die Schule Shimshals, bei der die Schüler gerade eine Partie Cricket im Rahmen der Sporttage spielen

Unseren zweiten Tag in Shimshal nutzen wir für eine Wanderung zu einem nahe des Dorfes gelegenen Gletscher. Der Weg ist steil und voller Geröll, doch finden wir einen kleinen Pfad, dem wir hinein in ein ausgetrocknetes Flussbett folgen. Obwohl wir uns redlich bemühen und sogar fürs Mittagessen ein Vesper mitgebracht haben, schaffen wir es nicht ganz, den Gletscher zu erreichen. Immerhin kommen wir auf Sichtweite heran und können ein paar Erinnerungsfotos schießen. Ein sicher unvergesslicher Geburtstagsausflug 🙂

Leo wandert in Shimshal.
Aufbruch zur Gletscherwanderung
Ein ausgetrocknetes Flussbett.
In einem ausgetrockneten Flussbett geht es bergauf
Sebastian und Leo sitzen auf Steinen und hole etwas aus einem Rucksack.
Es ist ganz schön anstrengend, sodass wir schon bald eine Pause einlegen
Sebastian auf einem Geröllfeld unterhalb des Gletschers von Shimshal.
Anschließend nähern wir uns dem Gletscher bis auf Sichtweite
Gletscher in Shimshal.
Beeindruckende Eismassen
Leo auf einem Geröllfeld bei Passu.
Auf dem Rückweg kommen wir schneller voran, da es nur noch bergab geht 🙂
Übereinander gestapelte Steine.
Wegweiser

Schneller als gedacht kommt der Tag unserer Rückfahrt. Zu unserer Erleichterung ist der Geländewagen dieses Mal nicht ganz so voll, sodass zumindest jeder Fahrgast einen eigenen Sitzplatz hat, auch wenn es mal wieder keine Anschnallgurte gibt. Mit einiger Verzögerung geht die Reise los. Bereits wenige Minuten nach Abfahrt kommen uns auf der Straße drei Männer entgegengelaufen. Sie sehen aus wie die Touristen, die wir vorhin beinahe gefragt hätten, ob wir nicht bei ihnen im privaten Jeep mitfahren dürfen. Was da wohl los ist?

 Wir kurbeln die Fensterscheibe hinunter und ein sichtlich geschockter Österreicher berichtet uns, dass ihr Wagen in einer rutschigen Kurve den Halt verloren hat und mehrere Meter hinunter in den Fluss gefallen ist. Alle Insassen hatten großes Glück; außer ein paar Schrammen ist niemandem etwas passiert. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch setzen wir anschließend unseren Weg fort und sind froh, als wir drei Stunden später die wohl doch nicht so ungefährliche Gebirgsstraße hinter uns lassen.

Menschen an einem Flussufer, in das ein Auto abgestürzt ist.
Ein Geländewagen, der nur wenige Minuten vor uns aufgebrochen ist, ist von der Straße abgekommen und in den Fluss gestürzt. Zum Glück sind die Insassen mit dem Schrecken davongekommen.
Pakistanische Männer reparieren eine Gebirgsstraße im Karakorumgebirge.
Andere Fahrgäste und die Männer des Dorfes helfen zusammen und reparieren die beschädigte Straße
Schlucht im Karakorumgebirge.
An diesem Teil der Gebirgsstraße sollte man besser nicht abstürzen
Eine schmale Holzbrücke.
Wir passieren mehrere Holzbrücken, die unter dem Gewicht unseres Geländewagens hörbar ächzen

3. Station: Karimabad

Nach den kalten und doch etwas anstrengenden Tagen in Shimshal wollen wir in Karimabad ein wenig zur Ruhe kommen. Gut, dass hier schon Nebensaison ist und wir im Hotel unserer Wahl erneut einen guten Preis aushandeln können. Zu Beginn planen wir, für vier Tage zu bleiben, am Ende wird es eine Woche. Im sonst vornehmlich von Gruppenreisenden frequentierten Hotel fühlen wir uns bald wie Stammgäste, für die der Küchenchef sein Bestes gibt, um ein nicht-scharfes Abendessen zuzubereiten – mit mäßigem Erfolg 🙂

Abgesehen vom Essen, das in Pakistan anscheinend nicht ohne Chili zubereitet werden kann, gefällt es uns hier prächtig. Wir haben eine tolle Jahreszeit erwischt, das gesamte Tal erstrahlt in leuchtenden Herbstfarben, die kräftiger nicht sein könnten. Von der Dachterrasse des Hotels aus haben wir einen fantastischen Blick auf das Bergpanorama des Hunza-Tals. Und auch praktische Dinge können wir in Karimabad erledigen. Nach einigen erfolglosen Versuchen schaffen wir es schließlich, uns eine pakistanische SIM-Karte zu kaufen. Ab sofort sind wir nicht mehr auf die oft schwachen WLANs der Hotels angewiesen, die in dieser Gegend aufgrund der schwankenden Stromversorgung ohnehin die meiste Zeit nicht funktionieren.

Hunzatal bei Karimabad.
Bei Karimabad ist das Hunza-Tal besonders grün
Ein Hotel in Karimabad.
Unser Hotel ist auf einem Berg gelegen und bietet eine tolle Aussicht auf die Umgebung,…
Leo sitzt auf einer Dachterassse beim Frühstück.
…die wir regelmäßig beim Frühstück auf der Dachterrasse bestaunen.
Karimabad.
Karimabad selbst ist ein gemütliches Städtchen, in dem aufgrund der Nachsaison nicht viel Betrieb ist
Männer stehen auf einem kleinen Transporter.
Auf den Straßen gilt eine andere Verkehrsordnung als in Deutschland 🙂
Minarett einer Moschee in Karimabad.
Täglich hören wir hier den Gesang der Muezzine, die die Gläubigen zum Gebet rufen
Leo sitzt auf einem gepolsterten Gartenstuhl.
Ein entspannter Nachmittag im Garten unseres Hotels

In Karimabad treffen wir auch Miro aus Polen wieder. Er hat sich inzwischen ein Motorrad gekauft und will damit unabhängig und kostengünstig das Land bereisen. Kurz überlegen wir, ob so etwas auch für uns in Frage käme und ich darf auf dem Hotelparkplatz sogar eine Proberunde mit Miros Maschine drehen. Doch eine wirkliche Option ist es für uns nicht, schon allein deshalb, da wir beide keinen Motorradführerschein haben und keinerlei Erfahrung mit der hier üblichen manuellen Schaltung mitbringen. Und die Aussicht, im Gewusel pakistanischer Großstädte im Linksverkehr unterwegs zu sein, finden wir auch nicht gerade reizvoll. Dann lieber bequem (oder zur Not auch unbequem) im Bus.

Sebastian sitzt auf einem Motorrad.
Probefahrt auf Miros Motorrad. Macht Spaß, ist uns aber ein wenig zu riskant.
Männer stehen auf der Stoßstange eines Kleintransporters.
Öffentlicher Nahverkehr in Karimabad und Umgebung. Ist das Sammeltaxi voll, so darf man sich auch hinten draufstellen.
Sebastian schaut aus dem Führerhaus eines pakistanischen Lastwagens.
Wir bevorzugen diese etwas langsame, aber dafür schicke Mitfahrgelegenheit. Die pakistanischen Lastwagen sind echte Hingucker!
Ein Schneider näht einen Rucksack.
In Karimabad ist auch Zeit, unsere Ausrüstung in Ordnung bringen zu lassen
Supermarkt in Karimabad.
In den Supermärkten des Orts bekommen wir (fast) alles
Hunzatal auf dem Karakorum Highway.
Einziger Wermutstropfen: Wir müssen immer mehrere Kilometer den Berg hinauf gehen, um einkaufen zu können
Ein Fuß stampft auf einen staubigen Biden, von dem der Staub in die Luft spritzt.
Staubexplosion! Die Wege in Karimabad sind teils von einer zentimeterdicken Staubschicht überdeckt.

An unserem vorletzten Tag in Karimabad besuchen wir das an der höchsten Stelle der Stadt erbaute Baltit Fort. Für den Besuch des im 14. Jahrhundert entstandenen Forts ist ein örtlicher Guide Pflicht. Anfangs sind wir skeptisch, da der uns zugeteilte Guide stoisch die Daten und Fakten zum historischen Gebäude rezitiert und uns eilig von einem Raum zum nächsten geleitet. Doch als er merkt, dass wir echtes Interesse und vor allem viele Fragen rund um das Fort haben, entspannt er sich und weitet die Führung sogar bis in seine Mittagspause hinein aus. Von innen ist der einstige Regierungspalast nett hergerichtet; das eigentliche Highlight ist allerdings seine Lage und die Dachterrasse, von der aus man einen grandiosen Ausblick über das gesamte Tal hat. Feudalherrscher müsste man sein… 🙂

Baltit Fort in Karimabad.
Wir spazieren hinauf zum Baltit Fort, dem höchsten Punkt Karimabads
Baltit Fort in Karimabad.
Das Fort ist eine beeindruckende Festung, die uns an den Potala-Palast in Lhasa erinnert
Sebastian steht hinter einem Schild, auf dem steht, dass man ab diesem Punkt nicht weitergehen soll.
Ohne Guide darf man das Gebäude jedoch nicht besichtigen
Sebastian und Leo blicken aus dem Baltit Fort in Karimabad auf das Hunza Valley.
Das Beste am Fort ist die atemberaubende Aussicht über das Hunza-Tal
Pakistanische Männer auf dem Baltit Fort in Karimabad.
Auch diesen pakistanischen Touristen ist das Fort einen Besuch wert
Schneebedeckte Berge im Karakorumgebirge.
Ausblick auf die schneebedeckten Berge der dem Fort gegenüberliegenden Talseite
Sebastian hockt vor einer sehr kleinen Türe.
Hallo, jemand zu Hause? 🙂

„Welcome to Pakistan!“, so hatte man uns bei unserer Einreise begrüßt. Und willkommen fühlen wir uns tatsächlich während unserer ersten beiden Wochen in diesem mit so vielen negativen Vorurteilen belegten Land. Was uns in der Anfangszeit täglich aufs Neue staunen lässt, ist vor allem die großartige Natur Nordpakistans. Kein Land zuvor hat uns vom ersten Tag an eine solch spektakuläre Kulisse geboten. Was uns daneben ebenfalls nachhaltig beeindruckt: Die Menschen in diesem Teil der Erde! Obwohl sie ihr Leben teils unter schwierigsten Bedingungen bestreiten müssen, begegnen sie uns gastfreundlich, herzlich und offen und freuen sich, dass wir ihrem Land einen Besuch abstatten.

Den Norden Pakistans rund um den Karakorum Highway nehmen wir als sehr sicher wahr, von Terroristen ist zum Glück weit und breit keine Spur. Wir können uns hier frei bewegen und nie hören wir von Vorkommnissen, die die Sicherheit an diesem Ort in der letzten Zeit beeinträchtigt hätten. Nach zwei Wochen in einer der beeindruckendsten Gegenden der Welt sind wir der Meinung: Pakistan hat ein besseres Image verdient! Wir hoffen für die Bewohner, deren Lebensunterhalt vielfach vom Tourismus abhängt, dass sich in Zukunft wieder mehr internationale Touristen trauen, dieses wunderbare Land zu bereisen. Nach anfänglicher Unsicherheit sind wir inzwischen froh, dass uns unser Weg nach Pakistan geführt hat und wir sind gespannt, welche Erlebnisse und Begegnungen in den nächsten Wochen noch auf uns warten werden.

Bäume mit hebrstlich bunt verfärbtem Laub.
Nach einer Woche verlassen wir Karimabad in Richtung Gilgit. Tschüss Hunza-Valley!

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4 Comments

  1. Hallo ihr zwei, was hattet ihr für einmalige Erlebnisse in diesem unbekannten Teil der Erde. Auf der anderen Seite des Karakorum fahren die Reisenden mit gemischten Gefühlen und manchmal ängstlich an Pakistan vorbei …. und ihr lasst euch so tief in dieses Leben reingleiten. Auf den Fotos seht ihr so megaentspannt aus.
    Apropos die Fotos – gigantisch. Die Luft ist offensichtlich so rein dort, um so phantastisch schöne Bilder zu bekommen. Ich bin zunehmend beeindruckt von eurer entspannten Art des Reisens. Kein Wunder, dass ihr euch für ein open end Eurer Reise entschlossen habt. 🙂 – so darf ich noch a bisserl mitreisen.
    Übrigens – gibt es noch ein zweites Schweizer Messer? …. hab da was rotes auf dem Tisch liegen gesehen 😉
    Ich wünsche euch in Kathmandu und Nepal auch so gute Erlebnisse. Ich hab gemeint, da wäre jetzt tiefster und kalter Winter …. aber es hat 22 Grad.
    Viele liebe Grüße aus dem kalten und verschneiten Oberbayern. Maresa

    1. Liebe Maresa,
      vielen Dank für deine ausführliche Nachricht! An den ersten Tagen in Pakistan waren wir auch noch etwas unsicher, wie es um die Sicherheit vor Ort bestellt ist. Aber dann haben wir gemerkt, dass uns alle Leute super nett begegenet sind und es einfach ganz normal war, dort zu sein. Ab da haben wir uns dann immer mehr entspannt 🙂
      Übrigens hatten wir tatsächlich jeder ein Schweizer Messer mit auf die Reise genommen. Leos wurde bei besagter Grenzkontrolle zum Glück nicht entdeckt 😉 Nun sind wir aber schon ein wenig besorgt, wie es damit bei der Einreise nach Tibet wird, denn dort sind wohl auch keine Messer erlaubt…
      Viele Grüße aus dem frühlingshaften Kathmandu,
      Sebastian

  2. Hallo ihr Lieben,
    es ist so schön, so viel Positives über Pakistan zu lesen und diese wunderschönen Bilder mit dem Land zu verbinden, das sonst bei uns mit wenig schönen Assoziationen belegt ist.
    Danke für die schönen Berichte und die tollen Bilder und viele Grüße ins schöne Kathmandu! Wie gerne würde ich mit euch in einer der Miniküchen ein paar Momos essen!
    Liebe Grüße
    Antje

    1. Hallo liebe Antje,
      danke dir für deine Zeilen! Ja, nur den Schreckensmeldungen der großen Medien zu glauben, gibt einem nie ein vollständiges Bild eines Landes… Trotzdem formen sie unsere Wahrnehmung… Daher freuen wir uns umso mehr, wenn du nun auch ein paar andere Bilder und Eindrücke mit Pakistan (und all unseren Reiseländern) verbinden kannst!
      Oh, wir würden uns sehr freuen, mit dir hier ein paar Momos zu verdrücken!! Komm doch vorbei – stehen nicht die Semesterferien vor der Türe? 😉
      Alles Liebe aus Kathmandu
      von uns beiden

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