Was haben wir gemacht im Monat November, unserem einundzwanzigsten Reisemonat?
Nach einigen Tagen in Seoul führt uns unser Weg von Südkorea zurück nach China und wieder dürfen wir bei unseren Freunden Sunny, Terry und Baby übernachten. In Qingdao beginnt die Woche des Wartens. Täglich verzögert sich die Ankunft unseres Schiffs weiter nach hinten. Doch irgendwann ist es soweit. Wir überqueren mit einem Containerschiff den Pazifik!
Welche Momente im November werden wir in guter Erinnerung behalten?
- Nach unserem Roadtrip durch Südkorea kommen wir Mitte November wieder in Seoul an. Es ist immer schön, zum zweiten Mal an einen Ort zu kommen und da wir uns dieses Mal um kein Visum kümmern müssen, haben wir Zeit für die touristischen Highlights der Stadt. Gut gefällt uns das aktuell abendlich stattfindende „Lantern Festival“, bei dem Gestalten und Gegenstände aus alten Geschichten und der Gegenwart als Lampions dargestellt werden. So gibt es neben dem Hauptbahnhof von Seoul auch alte Sagenfiguren, den Backpacker, den Cityfarmer und eine Lieferservicedrohne zu sehen.
- Von Incheon fahren wir mit der Fähre eine Nacht lang zurück nach China. Wieder ist es angenehm auf dem Schiff und unsere Vorfreude (und Aufregung) steigt, denn nun sind wir auf der Zielgerade für die Fahrt mit dem „richtigen“ Schiff.
- Ein zweites Mal kommen wir nach Qingdao und ein zweites Mal dürfen wir bei Sunny, Terry und Baby wohnen. In den letzten vier Wochen, die wir in Südkorea waren, ist es in Qingdao merklich kälter geworden und wir erleben unsere ersten und wahrscheinlich auch letzten kalten Tage in diesem Winter.
- In Qingdao beginnt die Zeit des Wartens: Wir stehen in täglichem Kontakt mit dem Hafenagenten, der unser lokaler Ansprechpartner für die Containerschifffahrt ist. Erst heißt es, wir können am Montag an Bord gehen, dann am Dienstag, dann am Mittwoch und schließlich ist es Donnerstag.
- Und dann ist es endlich soweit! Am Donnerstag um 7 Uhr bei frischen 4 Grad finden wir uns bei der vom Hafenagenten angegebenen Adresse ein. Aufgrund der Uhrzeit ist noch niemand anwesend, der unser Gepäck checken kann und so dürfen wir ohne diese Kontrolle aufs hochgesicherte Hafengelände. Ein Novum in China… Mit dem Hafenagenten haben wir großes Glück, er spricht englisch und vor allem scheint er Zeit zu haben. Wir dürfen auf dem Weg zum Schiff überall stoppen und er macht sogar Fotos von uns.
- Die ersten Tage an Bord sind voll neuer Eindrücke. Die Crew lässt uns wissen, dass sie noch nie jüngere Passagiere an Bord hatte und freut sich scheinbar über unser Interesse und unsere tausend Fragen. Mit uns sind nun 25 Seemänner und -frauen an Bord, 18 aus den Philippinen, 6 aus der Ukraine und einer aus Russland. Neben uns gibt es noch einen weiteren Passagier aus den USA und neben mir sogar noch zwei Frauen an Bord.
- Uns wird das Deckshaus mit all seinen Möglichkeiten vorgestellt. Wir wohnen in einer geräumigen Kabine mit eigenem Bad. Nebenan gibt es einen Aufenthaltsraum mit Fernseher. Für die freie Zeit stehen zwei Fitnessräume, eine Tischtennisplatte und eine Sauna zur Nutzung bereit. Der slop chest, der kleine Schiffskiosk, wird alle paar Tage vom Kapitän geöffnet. Hier gibt es Schokolade, Chips und Softdrinks, aber auch Duschgel oder Zahnpasta im Angebot. Die Crew und die Offiziere haben separate Aufenthaltsräume, in denen sie Filme schauen oder im Falle der philippinischen Crew samstagabends Karaoke singen.
- Ein Koch und sein Gehilfe kümmern sich um das leibliche Wohl aller Anwesenden. Frühstück gibt es um 7 Uhr, Mittagessen um 12 Uhr und Abendessen um 18 Uhr. Dank dieser Zeitvorgaben haben wir einen festen Tagesrhythmus und wir kommen ungewohnt früh aus dem Bett.
- Das frühe Aufstehen wird uns durch die fast täglich stattfindende Zeitumstellung erschwert, bei der wir immer eine Stunde verlieren. Den 29. November 2018 erleben wir zweimal, denn wir überfahren die Datumsgrenze.
- Unser Schiff Jacques Joseph ist 299 Meter lang und 48 Meter breit und man kann einmal ganz drumrum laufen. Bei gutem Wetter ist das unser liebster Spazierweg – und auch der einzige…
- Natürlich besuchen wir auch den Maschinenraum. Der Hauptmotor ist von MAN und damit besonders spannend für Sebastian.
- Langweilig wird es uns nicht. Vorsichtshalber hatten wir uns diverse eBooks gekauft und Podcasts und Musik runtergeladen. Doch wir sind genug beschäftigt, täglich auf der Brücke zu stehen, uns die vielen Monitore und Anzeigen erklären zu lassen, die Offiziere über ihr Leben an Bord auszufragen und das Wetter und die Wellen zu beobachten.
- 18 Tage dauert die Fahrt von Qingdao in China nach Manzanillo in Mexiko. Wir fahren im Schnitt mit einer Geschwindigkeit von 19 Knoten, was etwa 35 Kilometer pro Stunde entspricht. In 24 Stunden legen wir so etwas mehr als 800 Kilometer zurück. Nach Qingdao legen wir im Hafen von Busan in Südkorea an, unserem ersten und einzigen Zwischenstopp. Im Anschluss fahren wir westlich an Japan vorbei Richtung Norden, dann zwischen den japanischen Inseln Hokkaido und Honshu hindurch und dann liegt der Pazifik vor uns. Von 18 Tagen Fahrt sehen wir 14 Tage lang kein Land.
- Drei Tage lang erwischen uns die Ausläufer eines Sturms und bringen unsere Jacques Joseph ins Schwanken. Bis zu 18 Grad geht das „rolling“, wie es die Crew nennt, und für uns ist es von interessant und spannend bis hin zu beängstigend. Für die alten Seebären sind 18 Grad nichts besonderes und wenn die Gläser noch nicht vom Tisch fallen, ist alles easy…
- Und dann kommt am 9. Dezember endlich Land in Sicht! Morgens um 6 Uhr schauen wir nach draußen und sehen Manzanillo in gar nicht mehr so weiter Entfernung vor uns liegen. Doch bis der Lotse an Bord kommt, das Schiff im Hafen liegt, uns die Einreisekarte übergeben wird und wir das Schiff verlassen dürfen, dauert es noch einige Stunden. Aber wir sind da!
- Hola México! Nach 21 Monaten und drei Tagen betreten wir den amerikanischen Kontinent und auf einmal liegt das seit so langer Zeit geplante Abenteuer der Pazifiküberquerung schon wieder hinter uns.
Wie sah es in diesem Monat mit Fettnäpfen, skurrilen Situationen oder Schreckmomenten aus?
- In Seoul überrascht uns eine verrückte Cafészene: Neben den uns schon aus Thailand bekannten Katzencafés gibt es hier auch Angebote mit Eulen, Waschbären oder Schafen. Wir besuchen das „Thanks Nature Café“ (danke an Anna und Toby von EatThisWorld für den Tipp!), in dem die zwei Schafe Ellie und Ella leben und viel Platz und Rückzugsraum haben. Es ist wenig los und außer uns freut sich nur noch ein Mädchen, den Schafen ein bisschen Heu geben und sie streicheln zu dürfen. Neben den Tiercafés gibt es übrigens auch Angelcafés. Wer hier wohl wen angelt?
- Zurück in Qingdao sprechen wir mit Sunny über’s Essen. „Do you like shallah?“ will sie von uns wissen. Shallah? Noch nie gehört. Sie kann es kaum glauben, denn sie kennt das Gericht von ihren amerikanischen Bekannten. Die würden es gerne zu Barbecue oder beim Picknick essen. Es wäre mit viel Gemüse. Wir denken scharf nach, doch Shallah haben wir noch nie gehört. Also tippt Sunny das Wort nochmal in ihren Chinesisch-Englisch-Übersetzer ein und da steht nun „salad“. Doch, davon haben wir schon mal gehört.
Gibt es Tipps für kommende Langzeit(welt-)reisende?
Wir werden über unsere Containerschiffreise bald einen Erfahrungsbericht veröffentlichen. Und weil uns so viele Fragen erreicht haben, auch einen Guide schreiben, in dem wir alles Organisatorische mit euch teilen werden: Kann ich heute noch anheuern? Wie komme ich an Tickets ran? Was kostet das alles? Und und und… Wenn ihr noch weitere Fragen habt, schreibt sie gerne unten in die Kommentare oder schickt uns eine Nachricht.
Unser Fazit des einundzwanzigsten Monats
Von Südkorea nach China zurück nach Südkorea an Japan vorbei nach Mexiko: Dieser Monat stellte, was gereiste Kilometer und Reisetage angeht, alle vorherigen in den Schatten. Er wird uns auf ewig in Erinnerung bleiben, denn es war der Monat unserer Containerschiffreise über den Pazifik. Der Spaß ist nicht ganz billig, aber trotzdem: Wir würden nochmal so reisen! Langweilig war es überhaupt nicht und es ist zudem eine sehr angenehme Art des Reisens. Wir mussten und konnten uns um nichts kümmern und kamen unserem Ziel trotzdem täglich näher.
Die knapp drei Wochen auf See haben uns einen Einblick in ein uns völlig fremdes Leben gegeben (das derer, die monatelang ohne Unterbrechung auf diesen Schiffen arbeiten) und uns andererseits einen Blick hinter die Kulissen eines uns sehr vertrauten Aspekts ermöglicht: unseres Konsums und wie es überhaupt möglich ist, z.B. frische Bananen in Deutschland kaufen zu können, um nur ein Beispiel zu nennen.
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Spannend und unterhaltsam geschrieben ihr zwei! Danke für den amerikanischen Rezepttipp, Shalla haben wir auch noch nicht gehört und wird demnächst ausprobiert 😉 Spass bei Seite, die chinesische Gastfreundschaft haben wir auch als ganz besonders herzlich erfahren und bei solchen Berichten werd ich gedanklich sofort wieder zurück nach China versetzt.
Sind gespannt, wie eure Reise auf dem neuen Kontinent weiter geht!
Allerbeste Grüße,
Toby & Anna
Ihr ihr zwei,
schön von euch zu lesen! 🙂 Ja, die chinesische Gastfreundschaft, die fehlt uns jetzt schon… Wir sind auch schon sehr gespannt, was uns in Mexiko erwarten wird. Aktuell machen wir wieder mal housesitting, noch so ein toller Tipp von euch! 🙂
Habt eine tolle Zeit in Neuseeland!
Liebe Grüße
Leo & Sebastian